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Gutenbergs Erben

Gastkommentar


Leid und Leidenschaft

Benötigung am Schlafplatz Fernseher: Political Correctness


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15.12.1997 Gastkommentar
Benötigung am Schlafplatz Fernseher: Political Correctness

Der letztens veröffentlichte Artikel "Nötigung am Arbeitsplatz Fernseher" weist insbesondere in bezug auf Political Correctness (PC) einige erhebliche Mängel auf, die mir sehr bedenklich erscheinen. So wird z.B. vorgeschlagen, Gay-Line Werbung auf die vermeintlich unattraktiven Mittagsstunden zu verbannen. Erstens würde dies die potentiellen Kunden der Gay-Lines nötigen, sich zu outen, wenn sie zur Mittagszeit der Arbeitsplatz verlassen oder überstürzt aus dem Hörsaal hasten, um die neuen Werbespots abzupassen. Zweitens stellen Hausfrauen den größten Anteil der mittäglichen Fernsehkonsumenten. Was wird wohl abgehen, wenn sie mit besagten Telefonnummern konfrontiert werden?

In der Tat ist aber die derzeitige Situation im wahrsten Sinne des Wortes unbefriedigend. Wie wäre es mit einem 3-Stunden-Takt: Je eine Stunde sind die Werbepausen für Heteros, Lesben und Schwule? Dann wäre auch niemand mehr gezwungen, die Nacht zum Tag oder umgekehrt zu machen, was ja eine Konsequenz des ursprünglichen Vorschlages gewesen wäre.

Aber auch das ist noch nicht der Political Correctness letzter Schluß. Denn was passiert eigentlich mit Asketen? Hat sich schon mal jemand die Leiden dieser Minderheit ausgemalt? An den Rand der Gesellschaft gedrängt, machen sie nun schon die Tugend zur Not, und haben sie dabei nicht das gleiche Recht auf Befriedigung wie alle? Ich fordere 0190-er Nummern für Asketen! Auch sie sollen für 12 Pfennig pro 6 Sekunden (oder so ähnlich) auf ihre Kosten kommen und stimulierendes Nicht-Stöhnen geniessen dürfen. Es sei natürlich explizit darauf hingewiesen, daß der Begriff Askten, so wie er hier verwendet wird, weibliche und männliche Personen gleichermaßen bezeichnet. Selbstverständlich hat jede dieser Gruppen Anspruch auf eigene, den spezifischen Bedürfnissen entsprechende Enthaltsamkeits-Lines.

Die Segnungen moderner Technik helfen uns, diese Vision umzusetzen. Mittels eines an Video-on-demand angelehnten Verfahrens werden wir alle bald eine kleine schwarze Box auf dem Fernseher stehen haben, kurz in einem dreiseitigen Menü unsere sexuelle Ausrichtung (sofern zutreffend), praktizierte Techniken
(sofern zutreffend), Lieblingsfarbe für Kondome (sofern zutreffend) etc. eingeben, und schon flimmern die richtigen Telefonnummern in den Werbepausen über den Büldschürm.

Auf ins 21. Jahrhundert!

von: Jens-Hagen Sybe

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