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29.06.1998 Cybergramme
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Sex gehört zum meistgesuchten Begriff in der Internetwelt. Hart gefolgt von Hardcore. Seitenlange Sexy Sites variieren das älteste Menschheitsthema mit pics und porn zur Lustgarantie. Leider folgt der Begriffssuche kein Begreifen - nur ein Beschauen. So stellt sich das Psychogramm einer Netzgesellschaft dar, die auf Sinnlichkeitsdefizite der nichtvirtuellen Welt mit Zeichen reagiert. Die Statistik belegt die verwaiste Qualität des Zwischenmenschlichen im Internet und außerhalb des Netzes. Pixelweibchen rollen ihre Internetzstrümpfe für den Intersex-Junkie auf und nieder. Klar, daß 12-Jährige sich von verbotenen Websites fernhalten und immer brav per Mouseclick ihr Alter angeben, um wieder den digitalen Lernprogrammen überantwortet zu werden. Klar, daß die Warnungen vor verbotenen Inhalten, die intern längst als appetizer gelten, ähnliche Wirkung zeigen wie Gesundheitshinweise auf Zigaretten und Alkohol. Garantiert Frau Nachbarin keine Lust mehr, müssen die Programme sprechen. Die enttabuisierten Sexprovider verführen zu einem Augenspiel, während der Körper in seiner ursprünglichsten Domäne wie ein lästiger Appendix seine Physiologie digitalisieren soll. Netzlust wird zum bildversessenen Völkerbund gegen den realen Lustverlust. Das Cyberfleisch in thumbnail-Größe ist eine Erinnerung an das wirkliche Leben. Hier verspricht das Netz die folgenlose Lust - unverantwortlich, anonym, fleisch-, und knochenlos. Netzmädchen und -jungens sind unberührbar, safe sex at itīs best. Neckermännchen und Tuis, zuvor als Pauschalsextouristen geoutet, sind jetzt wollüstig auf dem westöstlichen Digitaldiwan gebettet, verabreichen sich Cyber-Thai-Girls als instantane Medizin gegen die selbstverordnete Leichenstarre im Familiengrab. Die Netzwelt wandelt sich in aufgeklärter Angst vor den chaotischen Körpern zum Kondominium des gefühlsverlorenen Cybersexes. In der Geburt des safer sexes aus dem Geiste der Digitalerotik sollen die müden Lustorgane aufgerüstet werden. Lust kommt ab jetzt aus dem Rechner und je schneller er arbeitet, um so lustvoller ist sein Orgasmus.


von: Goedart Palm

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