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Deutschland: Totalteutonien
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30.03.1998
Cybergramme
Deutschland: Totalteutonien
Der Wiedervereinigung folgte die starkdeutsche Frohbotschaft: Wir sind wieder wer! Selbst die europäischen Konvergenzkriterien wurden so lange gestreckt, bis der deutsche Schuldenberg nun in das Prokrustesbett hineinpaßt. Aber nicht nur in Europa, auch im World Police Department erfüllt sich das deutsche Wesen in der wiedergenesenen Großmacht. "Rühe in Frieden" heißt das Motto unserer neuen Welthilfspolizistenaufgabe. Zwei mit Pauken und V2-Raketen verlorene Weltkriege konnten uns nichts anhaben, ja im Gegenteil, sie haben uns wieder zu dem gemacht, was wir schon einmal waren. Die List der Vernunft meint es mit dem Volk der Dichter und Denker gnädig.
Alles könnte so schön sein. Aber was ist nun schon wieder los im Totalteutonien der vorvormaligen Dichter und Denker, des vormaligen Gelichters und seiner Lenker, der Richter und Henker? Wie Melancholia sinnen wir schwermütig, drehen dieses nationale Ding an und für sich in unseren Händen und können es doch nicht begreifen. Keiner verrät uns, wohin das Glück der vereinigten Nation abgerutscht ist. Das Völkchen der Dichter und Denker winkt müde ab, wenn wir unseren Weg von der saturierten Monokultur der stabilen Westbanane zur deutsch-deutschen Interkultur suchen. Der verarmte Sozialismus kollabierte zwar im Wirtschaftswettlauf,
aber die hundert Milliarden Nettokreditaufnahme des Bundes haben die ökonomische Infarktgefahr enorm vergrößert. Der antisozial aufgewärmte Kapitalismus, dem die unsichtbare Hand des Marktes den Segen des Geldes spenden soll, verliert seine Gläubigen mit wachsender Impotenz. Schon regen sich Zweifel, ob nationale Gesellschaften noch als Biotop im Dschungel eines ungeregelten Wirtschaftsglobalismus bestehen können.
Und die Apathie wächst...
von: Goedart Palm
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